Orthodoxer Metropolit skizzierte vor den Grabesrittern die Geschichte der griechischen Präsenz im Bereich des heutigen Österreich - „Reiches kulturelles Erbe bewahren, um Beziehungen zwischen Österreich und Griechenland zu stärken"
Wien, 22.10.13 (poi) Er freue sich, dass die Ökumene in Österreich auf gutem Weg ist. Dies betonte der orthodoxe Metropolit von Austria, Erzbischof Arsenios (Kardamakis), am Montagabend bei einem Vortrag vor der Komturei Wien des Grabesritter-Ordens. Metropolit Arsenios skizzierte vor den Mitgliedern des Ordens die Geschichte der griechischen Präsenz im Bereich des heutigen Österreich. Nach Angaben des Metropoliten leben derzeit rund 35.000 Griechen in Österreich. Es liege an den griechischen Gemeinden und der griechisch-orthodoxen Kirche, „in Zukunft das reiche historische und kulturelle Erbe zu bewahren", um Brücken der Kommunikation zu bauen und die Beziehungen zwischen Österreich und Griechenland zu stärken.
Metropolit Arsenios verwies vor den Grabesrittern auf Fakten, die im österreichischen Bewusstsein wenig verankert sind. So bezeugen in Carnuntum freigelegte griechische Inschriften des 1. bis 3. Jahrhunderts die Anwesenheit von Griechen im Bereich des heutigen Österreich bereits in römischer Zeit. Im Mittelalter kam es zu Heiratsverbindungen oströmischer Prinzessinnen mit Babenbergern. Herzog Heinrich II. („Jasomirgott") verehelichte sich im Jahr 1148 in der Hagia Sophia in Konstantinopel mit Theodora Komnena, einer Nichte von Kaiser Manuel I. Herzog Leopold VI. schloss - wahrscheinlich im Jahr 1203 - in Wien den Bund der Ehe mit Theodora aus dem Geschlecht der Angeloi, einer Enkelin von Kaiser Alexios III.
Nach dem Ende von Byzanz gibt es erst im 17. Jahrhundert gesicherte Angaben über die griechische Präsenz in Wien. Die Ansiedlung griechischer Händler, die osmanische Untertanen waren, begann im wesentlichen nach der Zweiten Türkenbelagerung von 1683. Die Basis bildeten die mit den Friedensverträgen zwischen Habsburgern und Osmanen verbundenen Zoll- und Handelsabkommen. Metropolit Arsenios verwies darauf, dass die griechischen Unternehmer rasch zu führenden Persönlichkeiten des Wirtschaftslebens wurden. Von grundlegender Bedeutung für die Bewahrung der religiösen und nationalen Identität der Griechen sei die Gründung von Kirchengemeinden mit allen dazugehörigen Institutionen geworden. In Wien wurden zwei Bruderschaften als Vereinigungen von Laien zur Verwirklichung kirchlicher Ziele begründet. Die ältere der beiden Bruderschaften - die zum Heiligen Georg - umfasste die Griechischen osmanischer Staatsangehörigkeit. Später entstand auch die Bruderschaft zur Heiligsten Dreifaltigkeit der orthodoxen Griechen österreichischer Staatsangehörigkeit. Zwischen den beiden Bruderschaften kam es zu einer ernsten Entfremdung, das einzig Gemeinsame blieb über lange Zeit das gemeinschaftliche Eigentum an der griechischen Abteilung des Friedhofs St. Marx, wo von 1784 bis 1886 die meisten orthodoxen Christen begraben wurden.
1726 entstand die erste orthodoxe Kapelle der Griechen osmanischer Staatsangehörigkeit zunächst in der Seitenstettengasse, später in der Griechengasse im Steyrerhof. 1803 waren die Eigentümer des Steyrerhofs nicht bereit, die Vermietung der Räume zu verlängern. Daraufhin wurden zwei benachbarte Häuser erworben und bis 1806 zur heutigen klassizistischen orthodoxen Georgskirche umgebaut. Die Griechen österreichischer Staatsangehörigkeit konnten 1782 ein Gebäude am Fleischmarkt erwerben, wo die prächtige heutige Dreifaltigkeitskathedrale entstand. Von 1856 bis 1858 wurde diese Kirche auf Kosten des Industriellen Simon Sina von Theophil Hansen erweitert und mit Fassade, Vorhalle und Kuppel ausgestattet. Metropolit Arsenios erinnerte daran, dass im zweiten Stock des Gebäudes die 1804 begründete griechische Nationalschule untergebracht ist. Derzeit besuchen 280 griechische Kinder und Jugendliche den Nachmittagsunterricht der Nationalschule als Ergänzung zum Pflichtunterricht an österreichischen Schulen.
Aufgabe der beiden geschichtsträchtigen griechisch-orthodoxen Gemeinden Wiens sei es, die religiöse Identität, das nationale Bewusstsein, die Kultur und die Traditionen der Griechen zu bewahren, betonte Metropolit Arsenios. Die Initiativen im Bereich von Sozialarbeit und Bildung würden durch Spenden und jährliche Beiträge der Gemeindemitglieder finanziert
1924 begründete das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel die Metropolie von Mitteleuropa, die die griechisch-orthodoxen Gemeinden Österreichs, Ungarns und Italiens umfasste. 1963 erfolgte dann die Gründung der Metropolie von Austria (gemeinsam mit dem Exarchat von Ungarn und Mitteleuropa). Das offizielle Österreich anerkannte und bestätigte die Existenz der orthodoxen Kirche und der Metropolie des Ökumenischen Patriarchats durch das Orthodoxengesetz von 1967. Erster Metropolit von Austria wurde Chrysostomos Tsiter. Auf ihn folgte von 1991 bis 2011 der frühverstorbene Metropolit Michael (Staikos). Seit November 2011 bekleidet Arsenios (Kardamakis) die Funktion des Metropoliten von Austria. Die Metropolie koordiniert die Arbeit der griechisch-orthodoxen Gemeinden sowie der Nationalschule, sie fördert das geistige Leben der griechischen Diaspora und spielt eine bedeutende Rolle in der interorthodoxen und ökumenischen Bewegung. Metropolit Arsenios ist auch der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz für Österreich.
Von Juli bis September wurden in den Räumen der Metropolie am Fleischmarkt dringend notwendige Renovierungsarbeiten durchgeführt, die erste grundlegende Erneuerung seit rund 50 Jahren, wie Metropolit Arsenios betonte. Die Renovierung wurde ausschließlich durch Spendenmittel finanziert. Ende November werden die Räumlichkeiten im Rahmen der 50-Jahr-Feiern der Metropolie der Öffentlichkeit präsentiert.(ende)
Prof. Erich Leitenberger
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